| Jenseit des Tweed | 
  
   
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    Kapitel 28  | 
  
   
    Abbotsford  | 
  
   
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               Drei englische Meilen 
                westlich von Melrose 
                liegt Abbotsford, 
                jene »Romanze in Stein und Mörtel«, wie Walter 
                Scott seinen selbsterrichteten Wohnsitz mit einem gewissen 
                Selbstgefühl genannt hat. Der ganze Bau übernimmt wider 
                Willen die Beweisführung, daß das Ausschmücken 
                einer modernen Schöpfung mit den reichen poetischen Details 
                des Mittelalters, 
                auf einem Gebiete bezaubern und hinreißen und auf dem andern 
                zu einer bloßen Absonderlichkeit werden kann.  
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                Wir haben in Melrose ein zweiräderiges Wägelchen gemietet, 
                und vom Eisenbahnhotel aus, wo wir abgestiegen sind, geht es nun 
                westlich die Straße nach Abbotsford hinaus. Der Weg hat 
                ganz den Charakter der englischen und südschottischen Landschaft: 
                Tal und Hügel in raschem Wechsel, Hecken und Baumgruppen. 
                Nirgends frappante Schönheit, aber überall lachende 
                Lieblichkeit und die milde Hand der Kultur, von der man sich wie 
                von einem Westwind gestreichelt fühlt.  | 
           
         
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               Wir haben nun Abbotsford 
                in nächster Nähe vor uns. Wenn der Bau nicht so sein 
                sollte, wie er ist, so würde man sofort ausrufen: »Wie 
                verbaut!« Die Einzelnheiten drängen sich so vor, daß 
                die Gesamt-dimensionen verlorengehen und der Bau um vieles kleiner 
                erscheint, als er in Wahrheit ist. Das Material ist ein graublauer 
                Basalt, 
                der im Schottischen »Whinstone« 
                heißt. 
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               Aus der Halle treten 
                wir in Walter Scotts Studier- und Arbeitszimmer. Die Mehrzahl 
                seiner Romane 
                wurde hier entweder komponiert oder niedergeschrieben. Das Zimmer 
                macht durchaus den Eindruck des Wohnlichen und Behaglichen. Nachschlagebücher 
                sind dicht zur Hand, und eine leichte Galerie von Gußeisen 
                umläuft drei Seiten des Zimmers und erleichtert das Herabnehmen 
                der Bücher. 
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               Die Bibliothek ist ein 
                sehr geräumiges und reich verziertes Zimmer, für dessen 
                Dimensionen die 20000 Bände sprechen, die mit ihren goldbedruckten 
                Lederrücken so sauber geordnet um einen her stehen, als befände 
                man sich in der berühmten Leserotunde 
                des Britischen Museums. Viele dieser Bände sind außerordentlich 
                selten und kostbar; ein wesentlicher Bruchteil der ganzen Bibliothek 
                besteht aus Werken über schottische Altertümer und Hexengeschichten. 
                Außerdem befinden sich die Büsten Shakespeares 
                und Sir Walters im Zimmer, die letztere (von der Hand Chantreys) 
                natürlich erst nach seinem Tode aufgestellt. 
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               Ich schied von der "Romanze 
                in Stein und Mörtel" ohne besondere Gehobenheit der 
                Stimmung; dennoch blick ich mit Freuden auf jenen stillen grauen 
                Tag zurück. Die Fahrt nach Abbotsford war eine Pilgerfahrt, 
                eine erfüllte Pflicht, ein Zug, zu dem das Herz drängte. 
                Was wäre der Ruhm Schottlands ohne die Erscheinung Walter 
                Scotts! Er hat die Lieder seines Landes gesammelt und die Geschichte 
                desselben durch eigene Dichtungen unsterblich gemacht. 
                
                
              Dryburgh 
                Abbey: Sir Walter Scotts letzte Ruhestätte 
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